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„Die OZ ist übersichtlich und gut sortiert. Von mir aus

könnte der Sport aber vorne stehen. Denn ich freue

mich, jeden Tag zu lesen, was die ostfriesischen Vereine

alles leisten.“

Anne Thonicke, Hinte

Freitag, 9. Oktober 2020, Seite 42

stfriesland hat mehr

zu bieten als seinen

Tee, sein Watten-

meer und seine vie-

len Kanäle und Windmühlen.

Es hat vor allem auch eine

bunte Sportlandschaft. So

zählen Wattwandern und

Teebeutelweitwurf zu den ty-

pisch ostfriesischen Sportar-

ten – denkste! Während das

eine eher eine Touristenat-

traktion ist, sorgt das andere

maximal bei Freizeittouren

mit Freunden oder Arbeits-

kollegen für Lacher und gute

Laune. Und doch hat Ost-

friesland sportliche Beson-

derheiten – allen voran das

Boßeln, das Klootschießen

und den Ossiloop.

Insgesamt zählen die ost-

friesischen

Sportvereine

163 049 Mitglieder. Die mit-

gliederstärksten Sportarten

sind Fußball sowie Turnen,

wo neben dem klassischen

Turnen auch Fitness-, Ge-

sundheitssport- und Gym-

nastikgruppen gelistet wer-

den. Dahinter folgen Boßeln,

der Pferde-, Schieß- und Se-

gelsport. In den Kreisen Au-

rich und Wittmund ist der

Friesensport Boßeln sogar

die Sportart mit den meisten

gemeldeten Vereinen – Witt-

mund: 50 von 190 Sportverei-

nen, Aurich: 75 von 463.

So manch ein Autofahrer

ist wegen der beliebten Brei-

tensportart schon mal arg in

Bedrängnis geraten. Denn als

Spielfläche wird kein Sport-

platz oder eine Halle benö-

tigt, geboßelt wird auf den

Straßen der Region. Während

Boßeln erst mit dem Ausbau

der befestigten Straßen ge-

gen Ende des 19. Jahrhun-

derts so richtig aufkam, hat

das Klootschießen eine um

Jahrhunderte längere Traditi-

on.

Dabei treten – wie im Bo-

ßeln auch – zwei Teams ge-

geneinander an, jedoch auf

dem freien Feld. Die Werfer

schleudern eine mit Blei ge-

füllte Holzkugel nach einem

25 Meter langen Anlauf mit-

hilfe einer

komplizierten

Wurftechnik und einer Ram-

pe möglichst weit nach vor-

ne. Während in festen Ligen

Wochenende für Wochenen-

de geboßelt wird, ist Kloot-

schießen in der Regel ein ein-

maliges

Sportereignis

im

Winter. Die Feldkämpfe ge-

nießen einen hohen Stellen-

wert. Das letztmalige Presti-

geduell zwischen Ostfries-

O

land und Oldenburg lockte

2018 insgesamt 1000 Schau-

lustige an. Vor wenigen Jahr-

zehnten kamen sogar mehr

als 10 000 Zuschauer.

Noch mehr als das Kloot-

schießen ist das Pultstock-

springen, das ebenfalls als ty-

pisch ostfriesische Sportart

bezeichnet wird, in Verges-

senheit geraten. Dabei sprin-

gen die Sportler mithilfe ei-

nes etwa vier Meter langen

Stabs über Wasserläufe. Kön-

ner krabbeln, nachdem der

Pultstock mittig im Kanal

oder Graben platziert wurde,

an dem Stab hoch, um eine

bessere Weite zu erzielen.

Früher war diese Technik

nützlich, um Entwässerungs-

gräben zu überqueren. Heut-

zutage gibt es keine Vereine,

die diese Sportart regelmäßig

betreiben.

Dagegen haben sich Lauf-

veranstaltungen in den ver-

gangenen Jahrzehnten in der

Region etabliert. So gibt es in

Emden und Leer Stadtläufe

mit mehreren Tausend Teil-

nehmern. Jahreshöhepunkt

ist für viele ostfriesische Läu-

fer der Ossiloop, wobei in

sechs Etappen rund 65 Kilo-

meter bewältigt werden.

Sovielfältig ist dieostfriesische Sportlandschaft

BEWEGUNG

Neben den klassischen Sportarten hat Ostfriesland auch besondere Wettkämpfe und -events zu bieten

VON NIKLAS HOMES

Weltweit wohl einzigartig ist das Konzept des Ossiloops: Über sechs Etappen erstreckt sich die traditionelle Laufveranstaltung – von Leer bis ans

Meer (Bensersiel) oder umgekehrt. Bei der Erstauflage 1982 nahmen 24 Personen teil, mittlerweile sind es jährlich rund 3000. Auch im Corona-Jahr

2020 fiel der Lauf nicht aus. Organisator Edzard Wirtjes hatte stattdessen den „Ossiloop anners“ ins Leben gerufen, bei dem die Teilnehmer alleine für

sich liefen, per App und mit Startnummern aber dennoch das Gefühl der Gemeinschaft vermittelt wurde.

BILD: ORTGIES

Die Sportart Nummer eins in Ostfriesland ist Fußball. Tausende Ostfriesen rennen an

Spieltagen dem Ball hinterher, unzählige schauen sich die Partien auf den Sportplätzen

an und nutzen sie als gesellschaftlichen Treffpunkt. Insgesamt hat der Fußballkreis Ost-

friesland 904 Teams aus 163 Vereinen registriert. „Die Zahlen sind leicht rückläufig“,

sagt Fußball-Kreisvorsitzender Winfried Neumann. „Das Problem hat aber nicht nur der

Fußball, es betrifft alle Sportarten.“ Als Gründe fügt er den demografischen Wandel, ver-

ändertes Freizeitverhalten, soziale Medien und Ganztagsschulen an.

BILD: DODEN

Nirgendwo sonst in Deutschland wird so viel geboßelt wie auf den Straßen der ostfriesi-

schen Halbinsel. Als Spielgerät dient eine Gummi- oder Holzkugel, die es möglichst weit

zu rollen gilt.

BILD: ORTGIES

Wenn es draußen friert, beginnt die Zeit des Klootschießens. Es ist die älteste ostfriesi-

sche Sportart. Dabei schleudern die Wer fer eine 500 Gramm schwere Kugel aus Holz

und Blei über das freie Feld. Gespielt wird in zwei Teams gegeneinander. Der legendäre

Feldkampf zwischen Ostfriesland und Oldenburg wird nur alle paar Jahre bei Kahlfrost –

dann aber vor einem großen Publikum – ausgetragen. Das letzte Duell in der anspruchs-

vollen Wur fsportart verlor das ostfriesische Team im März 2018 mit nur 27 Metern Un-

terschied.

BILD: ORTGIES

Die vielen Kanäle in Ostfriesland eignen sich ideal für Was-

sersportarten wie Rudern und Segeln.

BILD: ORTGIES