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„An die neue Zeitungsstruktur musste man sich gewöh-

nen, aber ich finde sie besser. Man erfährt mehr aus

ganz Ostfriesland. Es ist wichtig, neue Wege zu gehen

und Themen zu vertiefen.“

Enno Appelhagen, Norden

Freitag, 9. Oktober 2020, Seite 10

oachim Beckmann (80

Jahre) und Wolfgang

Gerlach (74) aus Leer le-

sen die Ostfriesen-Zei-

tung (OZ) seit Jahrzehnten.

Während Beckmann nach

wie vor die gedruckte Zeitung

abonniert hat, ist Gerlach in-

zwischen auf das E-Paper

umgestiegen – also die digi-

tale Version, die wie die Pa-

pier-Ausgabe gestaltet ist. In

der Redaktion haben sie über

ihren persönlichen Umgang

mit der OZ berichtet.

OSTFRIESEN-ZEITUNG (OZ):

Die Ostfriesen-Zeitung wird

70 Jahre alt, Sie beide sind so-

gar noch etwas älter – seit

wann begleitet Sie die OZ?

JOACHIM BECKMANN:

Also

ich denke mal, dass ich seit

etwa 50 Jahren Abonnent bin.

OZ:

Wurde die OZ schon in

Ihrem Elternhaus gelesen?

BECKMANN:

Ja, meine Eltern

hatten auch die OZ.

OZ:

Das heißt, Sie kennen die

OZ schon von Anfang an?

BECKMANN:

Ja, so ungefähr

müsste das hinkommen.

WOLFGANG GERLACH:

Bei

mir ist es genauso. Ich bin

durchs Elternhaus geprägt.

Meine Eltern waren Abon-

nenten der OZ und seitdem

ich – na, ich will nicht sagen

lesen kann, – aber kurz da-

nach hab ich die Zeitung ge-

lesen.

OZ:

Sie sind ja vor einiger Zeit

auf ein E-Paper-Abo gewech-

selt – wie kam es dazu?

GERLACH:

Das ist dadurch

gekommen, dass meine Frau

und ich sehr viel in Urlaub

gefahren sind. Auch im Ur-

laub wollten wir verfolgen,

was in unserer Heimatstadt

so passiert. Und da haben wir

dann gesagt: Wir stellen um.

OZ:

Ist Ihnen der Wechsel

schwergefallen?

GERLACH:

Nein, wir hatten

zunächst beides – das E-Pa-

per und die Papier-Ausgabe.

Irgendwann haben wir fest-

gestellt: Wir haben uns jetzt

so daran gewöhnt, digital zu

lesen, dass wir die Papier-

form gar nicht mehr benöti-

gen. Seitdem lesen wir nur

noch das E-Paper.

OZ:

Wie lange ist das her?

GERLACH:

Das wird so zwei,

drei Jahre her sein, in etwa.

OZ:

Hat das E-Paper-Abo et-

was an Ihren Lesegewohnhei-

ten geändert – lesen Sie bei-

spielsweise zu anderen Zeiten,

länger oder kürzer?

GERLACH:

Die Grundge-

wohnheit, morgens die Zei-

tung zu lesen, ist geblieben.

Es kommt aber vor, dass man

über den Tag noch mal eben

schnell das Notebook nimmt,

um was nachzugucken. Bei

der Papierform war es mir

immer lästig, dann zu su-

chen, wo man die Zeitung

hingelegt hatte – beziehungs-

weise man hat sie auch rela-

tiv schnell entsorgt. Das E-

Paper ist hingegen gespei-

chert, so dass man über ei-

nen längeren Zeitraum die

Möglichkeit hat, nochmal

nachzuschauen oder sich et-

was intensiver anzuschauen.

OZ:

Herr Beckmann, Sie sind

bei der gedruckten OZ geblie-

ben – warum hängen Sie am

Papier?

BECKMANN:

Ich brauch das

Knistern

morgens

beim

Frühstück. (lacht) Aber ich

habe auch schon den Ver-

such gemacht . . . Immer,

wenn ich im Urlaub war, hab’

J

ich mir das digitale Abo ge-

gönnt. Und das ist schon ei-

genartig, wenn Sie da in Ne-

pal irgendwo im Himalaya

sitzen und dann die OZ mor-

gens lesen können. Zumin-

dest mal die Überschriften.

Ich hatte nämlich kein Tablet

mitgenommen, sondern nur

das Smartphone – und dann

ist es natürlich ein bisschen

klein. Oder letztes Jahr war

ich in der Serengeti. Da sagte

ich zu einem Bekannten: „Ich

muss eben gucken, was in

Leer passiert ist.“

OZ:

Könnten Sie sich vorstel-

len, irgendwann generell auf

das E-Paper zu wechseln?

BECKMANN:

Ich denke, ich

werde auch zunächst mal das

digitale Abo zusätzlich neh-

men, um zu sehen, ob mir

das gefällt. Man kann ja jetzt

auch schon abends die neu-

esten Sachen lesen …

GERLACH:

… ja, das ist na-

türlich auch der Vorteil des

digitalen Abos, dass man

abends schon mal reingu-

cken kann. Ich glaube 85 Pro-

zent ist schon abends zu le-

sen. So dass man schon rela-

tiv früh über das aktuelle Ge-

schehen informiert ist.

OZ:

Ja, dieses E-Paper am

Abend ist ja ein ganz neues

Angebot. Das heißt, Sie nutzen

das schon regelmäßig?

GERLACH:

Ja. Wenn man

abends noch etwas Muße

hat, dann kann man schau-

en, was gibt’s denn Neues?

OZ:

Aber Sie haben deshalb

nicht angefangen, abends zu

frühstücken?

GERLACH:

(lacht) Nein, die

Gewohnheiten sind gleich

geblieben, das hat keinen

Einfluss darauf gehabt.

OZ:

Auf welchem Gerät lesen

Sie eigentlich die digitale OZ?

GERLACH:

Auf dem Tablet.

OZ:

Und im Urlaub dann

auch auf dem Smartphone?

GERLACH:

Nein. Bei uns im

Reisegepäck ist immer das

Tablet drin. Das ist mit eine

der ersten Sachen, die ich in

den Koffer packe – damit wir

das ja nicht vergessen.

OZ:

Hat sich durch das E-Pa-

per etwas daran geändert, wie

lange Sie die Zeitung lesen?

GERLACH:

Ja, das ist etwas

länger geworden.

OZ:

Wenn wir gerade beim

Thema Veränderung sind: Die

OZ hat sich ja zum Jahres-

wechsel neu aufgestellt. Es

gibt jetzt eine Ausgabe für

ganz Ostfriesland. Als Zei-

tungsleser sind Sie ja, salopp

formuliert, ein bisschen Ge-

wohnheitstier – wie geht es

Ihnen, Herr Beckmann, mit

dieser Veränderung?

BECKMANN:

Mir hat das

nichts ausgemacht. Ich inte-

ressiere mich zwar nicht so

sehr für Emden oder Aurich –

da guck ich mal … Aber mich

stört es auch nicht, dass die

Seiten da jetzt mit drin sind.

OZ:

Zudem hat sich die Be-

richterstattung verändert. Es

wird nicht mehr über einzelne

Termine berichtet, sondern

themenorientiert – es werden

also Themen möglichst ganz-

heitlich betrachtet. Fehlt Ih-

nen dadurch etwas oder sind

Ihnen die ausführlicheren

Darstellungen lieber?

BECKMANN:

Ich würde sa-

gen, es ist nicht nachteilig –

eher empfinde ich das als po-

sitiv. Was mir allerdings ge-

fehlt hat, ist hinten Hägar,

der Wikinger. (lacht) Aber das

hat ja jetzt nichts mit dieser

Umstellung zu tun, sondern

damit, dass die OZ sich von

der NWZ in Oldenburg ge-

trennt hat und jetzt mit der

NOZ in Osnabrück verban-

delt ist. Außerdem ist mein

Lieblings-Karikaturist Horst

Haitzinger in den Ruhestand

gegangen. Der war schwer zu

ersetzen, das war wirklich ein

guter Mann. Aber ich muss

sagen, die Nachfolger gefal-

len mir ganz gut – also ihre

Karikaturen, die immer auf

der zweiten Seite stehen.

OZ:

Wie haben Sie, Herr Ger-

lach, als E-Paper-Abonnent

die Veränderungen bei der OZ

erlebt?

GERLACH:

Keine Probleme,

keine Schwierigkeiten. Ich

habe auch anerkannt, dass

die Ostfriesen-Zeitung gesagt

hat, „wir sind für ganz Ost-

friesland zuständig“ – und

von daher auch entspre-

chend Veränderungen vorge-

nommen hat. Was mir per-

sönlich allerdings ein biss-

chen zu kurz kommt, ist die

Lokalberichterstattung über

Leer. Das ist das, was mich

auch in erster Linie interes-

siert. Und da meine ich, dass

Leer im Gegensatz zu Witt-

mund oder Emden ein biss-

chen zu kurz kommt.

OZ:

Wie wählen Sie im E-Pa-

per aus, was Sie lesen oder

was Sie zuerst lesen – sind es

gerade die Lokalseiten von

Leer oder bestimmte Themen?

GERLACH:

Wenn ich ins digi-

tale Blatt schaue, ist es ge-

nauso wie in der gedruckten

Zeitung: Ich fange vorne auf

der ersten Seite an und lese

dann die Zeitung bis hinten

durch. Ich muss allerdings

sagen, dass vieles, was auf

den ersten zwei Seiten steht,

aufgrund der Fernsehbe-

richterstattung schon be-

kannt ist. Und wenn man

sich abends die eine oder an-

dere Talkshow ansieht, dann

sind natürlich auch Hinter-

gründe schon vorab da, so

dass man diesen Teil der OZ

nicht mehr so intensiv liest.

OZ:

Wie verhält sich das bei

Ihnen als Leser der gedruck-

ten Ausgabe, Herr Beckmann?

BECKMANN:

Ich mache das

genauso. Ich lese von der ers-

ten Seite bis zur letzten. Also

ich lese nicht alles – aber ich

blättere so durch. Es ist folg-

lich nicht so, dass ich erst gu-

cke, wer ist gestorben. Oder

den Sport – der interessiert

mich sowieso nicht.

GERLACH:

Also ich finde den

Lokalsport gut. Nicht unbe-

dingt am Montag, wenn ei-

gentlich Sport-Tag in der OZ

ist – aber am Dienstag und

an den darauffolgenden Ta-

gen. Da wird sehr intensiv

über die sportlichen Aktivitä-

ten in Ostfriesland und im

Leeraner Raum berichtet.

Das interessiert mich sehr

stark, muss ich sagen. Ich le-

se das immer, weil ich früher

auch sportlich aktiv gewesen

bin, Fußball gespielt habe.

Insofern hängt da noch das

Herz dran. Deshalb verfolge

ich das Fußball-Geschehen

bis in die unteren Klassen.

BECKMANN:

Also wenn ich

beim Sport ankomme, bin

ich immer ganz erfreut. Die

Seiten kann ich überschla-

gen, weil mich das absolut

nicht interessiert. Aber vorne

schon, die ersten beiden Sei-

ten: Da lese ich auch die gan-

zen Artikel – im Gegensatz zu

Dir, Wolfgang. Auch manch-

mal die Kommentare auf der

zweiten Seite. Die Klatsch-

Spalten auf der Panorama-

Seite ebenfalls. Und dann na-

türlich Ostfriesland und das

Lokale hier in Leer. Und

wenn mal was über Urlaubs-

reisen drin ist und mich inte-

ressiert das, dann lese ich das

auch. Und dann bin ich fer-

tig. (lacht)

OZ:

Wie lange lesen Sie pro

Tag die Zeitung?

BECKMANN:

Ich würde mal

sagen, mindestens eine halbe

Stunde bis zu einer dreivier-

tel Stunde.

GERLACH:

Bei mir ist es

meistens so eine Stunde.

Denn am Frühstückstisch

sitzt ja auch meine Frau und

wir tauschen uns während

des Lesens über das Eine

oder Andere aus. Insbeson-

dere, wenn es um die Kom-

mentare auf der Seite 2 geht,

wo wir doch manchmal sehr

intensiv noch nachdiskutie-

ren.

OZ:

Haben Sie zwei Tablets, so

dass Sie und Ihre Frau die OZ

gleichzeitig lesen können?

GERLACH:

Ja, genau.

OZ:

Ist das ein Vorteil des E-

Paper-Abos, dass Sie sich

nicht mehr absprechen müs-

sen, wer zuerst welchen Teil

der Zeitung liest?

GERLACH:

Auf jeden Fall. Wir

haben die Zeitung früher

zwar nicht durchgerissen

(lacht), aber wir haben sie

aufgeteilt. Und es gab schon

manchmal das eine oder an-

dere Problem: Wer fängt auf

den ersten Seiten an und wer

muss in der Mitte anfangen?

Also von daher ist das jetzt

natürlich etwas angenehmer.

OZ:

Weil Sie gerade den Früh-

stückstisch erwähnt haben:

Die großformatige Zeitung

aus Papier haben Sie ja nicht

mehr – hat sich das auf das

Frühstück ausgewirkt, haben

Sie jetzt mehr Marmelade auf

dem Tisch stehen?

GERLACH:

(lacht) Also der

Frühstückstisch ist deshalb

nicht üppiger bestückt, son-

dern eher übersichtlicher ge-

worden.

OZ:

Gibt es, wenn Sie auf die

vergangenen Jahrzehnte zu-

rückblicken, einen Bericht

oder ein paar Berichte, die Ih-

nen besonders in Erinnerung

geblieben sind?

GERLACH:

In Erinnerung ge-

blieben ist mir die Schneeka-

tastrophe in Leer, wo intensiv

darüber berichtet worden ist.

OZ:

Wann ist das gewesen?

GERLACH:

Das war in den

70er-Jahren, wo Leer wirklich

zu war.

BECKMANN:

Ja!

GERLACH:

Wo die Bundes-

wehr mit Panzern räumen

musste. Das ist mir noch sehr

intensiv in Erinnerung ge-

blieben.

BECKMANN:

Ich glaube, an

dem Tag gab’s auch keine OZ.

Die konnte einfach nicht ver-

teilt werden.

GERLACH:

Das war 1979. Ich

weiß es noch, weil meine äl-

teste Tochter in dem Jahr ge-

boren ist. Und wir hatten

auch beruflich damit zu tun.

OZ:

Sie haben ja beide im

Rathaus gearbeitet – waren

Sie im Bauhof-Bereich tätig

oder wieso hat Sie die Schnee-

katastrophe tangiert?

GERLACH:

Na, die ganze Ver-

waltung war eingespannt. Es

wurden ja auch Krisenstäbe

gebildet …

OZ:

… also ähnlich wie in der

Corona-Krise – Krisenstäbe

gibt es ja zur Zeit auch.

GERLACH:

Ja, so isses.

BECKMANN:

Aber damals

war ein Ende abzusehen.

OZ:

Nutzen Sie – um etwa in

Corona-Zeiten die neuesten

Nachrichten zu lesen – auch

die Internetseite der OZ?

BECKMANN:

Ich gucke jeden

Tag auf die Internetseite,

aber bin dann immer ent-

täuscht, wenn nur die ersten

drei Zeilen des Artikels zu se-

hen sind und der Rest ver-

schwimmt – dann muss man

auf die Zeitung am nächsten

Tag warten. Doch manchmal

gibt es Eilmeldungen oder

Berichte über schwere Unfäl-

le, die ohne entsprechendes

Abo gelesen werden können.

Aber sonst verlasse ich mich

eben auf die gedruckte Aus-

gabe.

OZ:

Vielen Dank für das Ge-

spräch!

DieOZzumFrühstück–auch imHimalaya-Urlaub

ABONNEMENT

Im Gespräch mit einem Leser, der an der gedruckten Zeitung festhält, und einem, der zum Tablet gegriffen hat

VON ANDREAS ELLINGER

Joachim Beckmann (links) und Wolfgang Gerlach (Mitte) im Gespräch mit der OZ.

BILD: ORTGIES