

„Meine Eltern blättern die Zeitung von hinten auf. Sie in-
teressieren sich zuerst für die Toten. Bei mir ist es anders-
herum, mir sind die Lebenden am nächsten. Und die OZ
ist an diesen am dichtesten dran.“
Jan Brandt, Berlin
Freitag, 9. Oktober 2020, Seite 2
ir wissen nicht, wer der erste Ostfriese
war, der die OZ anno 1950 abonnierte.
Vermutlich übernahmen die Verleger der
neuen Zeitung die Leser des von der
Nordwest-Zeitung Oldenburg herausgegebenen Vor-
gängers einfach mit. Dabei war die Ostfriesen-Zeitung
vor 70 Jahren etwas Neues: von Ostfriesen für Ostfrie-
sen. Auch wenn die Zeiten inzwischen andere sind, hat
sich dieser Anspruch nicht geändert, wie unser aktuel-
ler Werbeslogan beweist: „Wir sind Ostfriesland“.
70 Jahre sind dennoch eine kurze Zeit bezogen auf die
Geschichte der Zeitung, die mit der „Relation aller Für-
nemmen und gedenckwürdigen Historien“, erschienen
ab 1605 in Straßburg, ihren Anfang nahm. Vor allem
nach der Revolution 1848 entwickelte sich Zeitung
zum Massenmedium. Die heute fast einmalige Zei-
tungsvielfalt in Ostfriesland wurde innerhalb von 40
Jahren geschaffen: Nach der Gründung des Leerer An-
zeigeblattes (1848) und der Rheiderland-Zeitung (1860)
folgten in kurzer Folge der Anzeiger für Harlingerland
(1862), die Ostfriesischen Nachrichten (1864), der Ost-
friesische Kurier (1867), die Borkumer Zeitung (1881)
und der General Anzeiger (1888). Zwölf Jahre später,
1900, startete die Rhein-Ems-Zeitung, die heutige Em-
der Zeitung. Fast alle Titel sind bis heute im Eigentum
der Gründerfamilien. Und drei dieser Verlegerfamilien –
Dunkmann (Aurich), Engelberg (Rhauderfehn), Gerhard
(Emden) – haben bei der Ostfriesen-Zeitung das Sagen.
Neulich, beim Durchblättern der Beilage zum 50-jähri-
gen Bestehen der OZ, musste ich an vielen Stellen
schmunzeln. Wie viel sich doch für unsere Zeitung in
diesen zwei Jahrzehnten verändert hat. Wie einfach
war Zeitungmachen doch früher gewesen: Als alleini-
ger regionaler Nachrichtenanbieter galt das Wort: „Was
nicht in der Zeitung stand, hat nicht stattgefunden.“
Völlig anders als heute. Die OZ ist längst nur noch ein
Nachrichtenanbieter unter vielen. Jeder kann dank der
Möglichkeiten des Digitalen längst sein eigenes Medi-
um gründen, als Blog im Internet zum Beispiel. Früher
brauchte er dazu eine Druckerpresse und viel Kapital.
Dann gibt es noch die sozialen Medien, wo die Nutzer
nicht mit Geld, sondern mit Daten bezahlen. Gleich-
wohl ist die Reichweite der Ostfriesen-Zeitung über alle
Medienkanäle so groß wie nie zuvor.
Aber auch die Kritik an der Arbeit unserer rund 50 aus-
gebildeten Journalisten wächst. Aus dem früher fast lie-
bevollen „Käseblatt“ wurde die „Lügenpresse“. Viele Le-
ser setzen Facebook-Posts mit Zeitungsartikeln gleich
und verkennen dabei, dass soziale Medien interessen-
gesteuerte Propaganda-Apparate sind und ohne Un-
terscheidung Fake-News ebenso wie Wahrheiten ver-
breiten.
Mit dieser Beilage zum 70-jährigen Bestehen der OZ
wollen wir uns bei Ihnen, liebe Leserinnen und Leser,
bedanken – für Ihre Treue als Abonnenten, aber auch
dafür, dass Sie unsere Arbeit immer kritisch begleitet
haben. Kritik ist das Lebenselixier für uns Zeitungsma-
cher. Denn wir haben eine Mission: Wir wollen jeden
Tag aufs Neue die beste Zeitung für Ostfriesland sein.
Haben Sie viel Spaß beim Lesen!
W
Joachim Braun
Chefredakteur der Ostfriesen-Zeitung
Liebe Leserinnen,
liebe Leser,
In der Nacht schwärmt
Fotograf Ole Cordsen aus
48
Nirgendwo wird so viel
geboßelt wie bei uns
42
Bodo Wolters schreibt
seit 1972 für die OZ
31
Autorin Sylvie Gühmann über
ihre Liebe zu Ostfriesland
35
Reporterkuh Roxi
ist nicht immer sie selbst
34
Inhaltsverzeichnis
Die Leser müssen für uns im Mittelpunkt stehen
3
Vom Hauen und Stechen der Zeitungsverlage
4
Eigentlich ist die OZ viel älter als 70 Jahre
6
Als die Zeitungsproduktion noch Handarbeit war
7
Zwei Chefredakteure und ihre Erfahrungen mit der OZ 8
Die OZ zum Frühstück – auch im Himalaya-Urlaub
10
Mit der Videokamera durch Ostfriesland
21
Schlagzeilen für die Ewigkeit
24
Rudolf Onnen – wer ist Mister Leserbrief der OZ?
25
OZ digital: Seit 20 Jahren in Richtung Zukunft
26
Was die OZ-Leser wirklich interessiert
27
Partervermittelnde Rechtsberater am Telefon
28
Mit Petzi, Pelle und Pingo startete das Leserleben
30
OZ-Leser spenden am meisten für kranke Kinder
32
Warum der Begriff Lügenpresse falsch ist
33
Die treibende Kraft der Energiewende
36
Gemeinsamer Blick nach vorn
38
Kickst du noch up Klock, of all up de Uhr?
39
Ostfriesland = völlig unterschätztes Kulturland?!
40
So vielfältig ist die ostfriesische Sportlandschaft
42
Die OZ kam – der TuS Mittegroßefehn verschwand
43
Mein Leer, mein Aurich
44
Von Reformierten, Lutheranern und den Freikirchen
45
Mein Emden, mein Wittmund
46
Zur OZ-Familie gehören drei weitere Tageszeitungen
49
Lokaljournalisten sind die Stimmen der Region
50
Ausbildung in Zeiten der digitalen Revolution
51
Durch den Tag mit der Ostfriesen-Zeitung
52-53
Lachen, Lernen, Singen – alles mit der OZ
54
Die Homepage spielt bald keine Rolle mehr
55