

„Ich lese die Ostfriesen-Zeitung, seit ich denken kann.
Mit ihr habe ich praktisch lesen gelernt. Ich bin sehr zu-
frieden – das Wochenend-Magazin ist aber manchmal
enttäuschend.“
Jürgen Hoogstraat, Victorbur
Freitag, 9. Oktober 2020, Seite 32
raditionell ist Weih-
nachten nicht nur die
Zeit des Nehmens,
sondern vor allem des
Gebens. 1987 hat die Ostfrie-
sen-Zeitung daher eine Spen-
denaktion ins Leben gerufen.
Jedes Jahr wurde seitdem für
eine besondere Organisation
oder gleich mehrere Einrich-
tungen Geld gesammelt – et-
wa für die Herzkinder Ost-
friesland, den Verein Leukin,
die MS-Gesellschaft oder
Drobs. Die OZ-Leser folgten
dem Aufruf stets bereitwillig
– in den 33 Jahren sind bis-
lang fast 1,5 Millionen Euro
eingegangen. Deutlich wird
dabei: Am meisten spenden
die Ostfriesen für kranke Kin-
der. 1993 gingen beispiels-
weise rund 137 000 D-Mark
für den Elternverein krebs-
kranker Kinder ein. In Euro-
Zeiten und damit insgesamt
den höchsten Beitrag haben
Leser für den Verein Leukin
mit Sitz in Ostrhauderfehn
gegeben. Rund 82 500 Euro
wurden im Rekordjahr 2011
für leukämiekranke Kinder
gespendet. Auch 2018 kam
wieder eine stolze Summe für
Leukin zusammen – rund
65 000 Euro.
„Wir sind sehr dankbar“,
sagt Anna Fennen, die Vorsit-
zende des Vereins auf Nach-
frage. Im Jahr sei Leukin auf
400 000 bis 500 000 Euro an-
gewiesen, um so flächende-
ckend wie möglich Typisie-
rungen durchzuführen zu
können. „Die Spenden flie-
ßen alle in Typisierungen“,
sagt Fennen. Durch die OZ-
Spenden konnten also fast
3000 Menschen typisiert wer-
den. Einige von ihnen sind
möglicherweise schon Le-
bensretter geworden.
Laut Leukin sind aus allen
Typisierungsaktionen bislang
845 Menschen hervorgegan-
gen, die durch ihre Spende
Leukämiekranken eine zwei-
te Chance zum Leben gege-
ben haben. „Erst vor Kurzem
wurde für ein Kind in Werlte
ein Spender gefunden“, sagt
Fennen.
In diesem Jahr sei die Ar-
beit von Leukin besonders
erschwert – durch die Coro-
na-Pandemie habe es einen
kompletten Einbruch an Ty-
pisierungen und Spenden ge-
geben. Vieles laufe jetzt on-
line ab – unter der Internet-
adresse
http://go.zgo.de/kov99 kann man ein Stäb-
chen anfordern und sich zu
Hause selbst typisieren. Auch
für jede noch so kleine Spen-
de sei der Verein dankbar.
„Wenn wir keine Spenden
bekommen,
können
wir
nicht typisieren“, betont sie.
Im vergangenen Jahr hat
unter anderem der Emder
Verein Theartic, in dem sich
Kinder, Jugendliche und Er-
wachsene mit und ohne Be-
hinderung künstlerisch betä-
tigen, einen Teil der Spende
erhalten. Aber: Corona hat
auch hier die Planung durch-
einandergewirbelt, sagt Vor-
sitzende Ulrike Heymann.
„Die Spenden wollten wir für
zwei
Theaterproduktionen
verwenden, die im Septem-
ber dieses Jahres und Anfang
nächsten Jahres auf die Büh-
ne kommen sollten“, sagt sie.
Die Aufführungen mussten
jetzt auf Juni und November
2021 verschoben werden.
„Dann werden wir die Spen-
den einsetzen.“
T
Für die Weihnachtsaktion
im vergangenen Jahr war die
damalige OZ-Volontärin Vera
Vogt verantwortlich. Denn:
Zu der Aktion gehört, dass je-
de Woche im Advent und da-
rüber hinaus über Menschen
berichtet wird, denen das
Geld zugutekommen soll.
„Ich habe viele Menschen be-
sucht und mit ihnen gespro-
chen, um einzelne Geschich-
ten zu erzählen – das ist teil-
weise schon berührend“, sagt
sie. Mit einem normalen
Pressetermin sei das nicht zu
vergleichen. Außer Theartic
hatte auch der Auricher För-
derverein Dwarsloopers, der
sich für psychisch Erkrankte
einsetzt, Spenden erhalten.
„Die Betroffenen haben sich
mir richtig geöffnet“, sagt die
jetzige Redakteurin. Durch
die Berichte wird die Arbeit
der Vereine und Organisatio-
nen fassbar für die Leser.
„Damit man auch weiß, wo-
für man spendet“, erklärt sie.
Anders lief die Aktion für
die heutige OZ-Redakteurin
Karin Lüppen. Sie hatte in
den 1990er-Jahren noch mit
der Sammeldose, begleitet
von lokalen Politik-Größen,
umhergehen müssen. Sehr
gut erinnert sie sich noch da-
ran, wie sie mit dem ehemali-
gen und mittlerweile verstor-
benen Wiesmoorer Bürger-
meister Eilert Schmidt unter-
wegs war: „Wir hatten ein ex-
orbitant gutes Sammelergeb-
nis.“ Als Volontärin habe sie
dann auch Berichte über Be-
troffene geschrieben – unter
anderem über Menschen, die
auf den familienentlastenden
Dienst der Lebenshilfe ange-
wiesen sind. „Das war sehr
intensiv“, sagt sie. Ihr sei
noch deutlich in Erinnerung,
wie erleichtert die Eltern ei-
nes schwerbehinderten Jun-
gen über die Hilfe waren.
Damit weitere Vereine und
Organisationen auch in die-
sem Jahr durch OZ-Leser be-
sonders unterstützt werden
können, wird es auch Weih-
nachten 2020 eine Sammel-
aktion geben. Für wen dies-
mal gesammelt wird, wird
noch nicht verraten.
OZ-Leser spendenammeisten für krankeKinder
WOHLTÄTIGKEIT
Seit 1987 folgen Ostfriesen den Spendenaufrufen zu Weihnachten – und haben unzähligen Menschen geholfen
VON MONA HANSSEN
Viele Spendenaktionen waren bei der OZ bislang zugunsten von Kindern – nicht nur für erkrankte, sondern auch für Frühchen oder Kinder aus sozial
schwachen Familien.
BILDER: ARCHIV
Im vergangenen Jahr wurde unter anderem für den Emder
Verein Theartic gesammelt.
Anna-Lena (links) und Lisa Gerdes können 2011 wieder lä-
cheln – Anna-Lena ist von Leukämie geheilt.
2009 gingen die Spenden an das Projekt „Lesenester“ im
Landkreis Aurich.
Edo Buntjer (rechts) hilft 1995 im Bunder Pflegeheim ei-
nem Mann aus dem Rollstuhl.
Dieses Foto entstand 1987 – der Computer gibt den Spen-
denstand durch.
Insgesamt fast 1,5 Millionen Euro haben OZ-Leser in den
vergangenen 33 Jahren gespendet.